Die „Dinos“ des Basketball-Oberhauses
Die Eigner Angels Nördlingen und der BC Pharmaserv Marburg sind die beiden Vereine mit der längsten Bundesliga-Zugehörigkeit. Am Sonntag treffen sie in der Hermann-Keßler-Halle aufeinander.
Die große Kunst im Leistungssport ist es, über Jahre hinweg konstant gute Leistungen, Kontinuität statt kurzzeitiger Höhenflüge mit häufig tiefen Abstürzen zu zeigen. Zwei, die in der Basketball-Bundesliga der Frauen dafür als Musterbeispiele gelten dürfen, sind die Eigner Angels Nördlingen und der BC Pharmaserv Marburg. Die Nördlingerinnen bestreiten aktuell ihre 16. Saison in Folge im Basketball-Oberhaus, Marburg kommt sogar auf schier unglaubliche 32 Jahre. Am Sonntag (16 Uhr, Hermann-Keßler-Halle) treffen die beiden „Dinosaurier“ der Toyota DBBL aufeinander.
Es gibt weitere Parallelen der Kontrahenten dieses Spieltags. Beide Teams hatten am Ende der Saison 2022/23 einen erheblichen personellen Aderlass zu verkraften und standen vor einem Neuaufbau. Zu den Marburger Abgängen zählte dabei auch die deutsche Nationalspielerin Marie Bertholdt, ältere Schwester von Angels-Kapitänin Lisa Bertholdt. Sie ging von 2017 bis 2023 für die Hessen auf Korbjagd und wechselte zur neuen Saison zu Alba Berlin, sodass das Schwesterduell zwar an diesem Wochenende ausfällt, aber dann am 17. Dezember in der Bundeshauptstadt stattfinden wird. Weiterverpflichten konnten die Marburger die Leistungsträgerinnen Michaela Vanderklugt (USA) sowie die niederländische Nationalspielerin Esther Fokke, die aktuell auch die erfolgreichsten Werferinnen des Tabellenneunten mit durchschnittlich zweistelligen Punktezahlen sind.
Auch ein Trio mit Angels-Vergangenheit wird am Sonntag im Trikot der Gäste zu sehen sein. Die Luxemburgerin Magaly Meynadier versucht nach der Zwischenstation Saarlouis und langer Verletzungspause einen Neuanfang, Selma Yesilova spielt seit 2021 für Marburg und Lena Graf zog es zur neuen Saison in die Universitätsstadt, kam bisher allerdings erst in drei Spielen zum Einsatz. Neu im Marburger Team sind zudem US-Pointguard Regan Schenck (bislang 6,6 Punkte im Durchschnitt), die Irin Maura Fitzpatrick (6,3 P.), die aus der 2. Liga Süd (Mainz) kam, die Spanierin Camila Martinez (2,7 P.), die 1,91 Meter große amerikanische Centerin Mary Baskerville (8,0 P., 7,7 R.) und die deutsche Jugendnationalspielerin Marianna Byvatov (7,9 P.), die vom SC Rist Wedel zu den Blue Dolphins stieß. Gecoacht wird die bunte Multi-Kulti-Truppe aus sieben Nationen vom erfahrenen Patrick Unger, der das Team schon von 2013 bis 2020 trainierte und dann nach zwei Jahren Pause 2022 wieder einstieg. Trotz der zahlreichen Veränderungen eine Mannschaft „mit viel Erfahrung, Tradition und Expertise“, urteilt Martin Fürleger, der Sportliche Leiter der Angels, über den Gegner.
Marburg hat nach acht Spieltagen eine Bilanz von drei Siegen und fünf Niederlagen und steht in der Tabelle auf Rang neun, dem ungeliebten Platz, der nicht für die Playoffs reichen würde. Die drei Siege gelangen zum Saisonstart in Göttingen (56:85) sowie in eigener Halle gegen die Gisa Lions MBC (83:58) und zuletzt gegen den Herner TC (70:63). Patrick Unger, in der Vergangenheit auch schon Trainer der deutschen Frauen-Nationalmannschaft, hatte nach dem Neuaufbau seines Teams schon geahnt, dass es „am Anfang sehr holprig werden wird“. Die Niederlagen in Keltern (56:75), Leverkusen (68:81) sowie in eigener Halle gegen Osnabrück (58:77) und Hannover (52:75) fielen deutlich aus, während die Mannschaft in Berlin an einer Überraschung knapp dran war (70:77). Im Pokal steht Marburg nach einem 79:70-Erfolg in Heidelberg genau wie die Angels im Achtelfinale.
Im Vorjahr gewannen die Angels, aktuell Tabellenfünfter mit ausgeglichener Bilanz, beide Partien gegen den langjährigen Rivalen: in Marburg knapp mit 71:67, in eigener Halle mit 63:58. Einzige Nördlinger Akteurin, die damals mitwirkte und auch in dieser Saison im Kader steht, war Mariam Haslé-Lagemann. Die sonstige Abwehrspezialistin überzeugte am vergangenen Sonntag mit einer überraschend starken Angriffsleistung in Keltern, ohne die letztlich zu hoch ausgefallene 72:90-Niederlage verhindern zu können. In einem zu erwartenden knappen Match gegen die sehr ausgeglichenen Marburgerinnen könnten solche „Kleinigkeiten“ den Ausschlag geben, glaubt auch Martin Fürleger: „Ich erwarte ein hart umkämpftes Spiel gegen ein Team, das über Intensität und Aggressivität sein Spiel aufziehen möchte. Hier gilt es vorbereitet zu sein und von Beginn an dagegen zu halten.“ Trotz allen Respekts sei das Spiel gegen Marburg, gerade zu Hause, ein Pflichtsieg, um die Saisonziele zu erreichen, so der Angels-Sportchef abschließend.
Text: Robert Milde
Bild: Jochen Aumann