In der Schlussphase nicht clever genug

In einem spannenden Match unterliegen die Eigner Angels dem Angstgegner Osnabrück mit 70:71 (35:35). In den entscheidenden Momenten unterlaufen den Nördlinger Korbjägerinnen zu viele Fehler.

Einen guten Trainer zeichnet aus, nach Rückschlägen schnell wieder nach vorne zu schauen und nicht über Kleinigkeiten zu lamentieren. Kleinigkeiten, zu denen fraglos auch ein paar umstrittene Schiedsrichterentscheidungen zählten, hatten bei der 70:71 (29:23, 6:12, 17:17, 18:19)-Heimniederlage der Eigner Angels Nördlingen gegen Angstgegner GiroLive Panthers Osnabrück den Ausschlag gegeben, aber Angels-Chefcoach Matiss Rozlapa wollte in seiner Spielanalyse nur das große Ganze hervorheben: „Für uns war es eine gute Lektion, wie man ein hartes und intensives Spiel erfolgreich zu Ende bringt. Das unterscheidet eine erfahrene Mannschaft wie Osnabrück von meinem Team, das noch lernen muss.“

Über 500 Zuschauer sahen in der Hermann-Keßler-Halle ein gutes Bundesligaspiel mit einem überragenden ersten Viertel und einer verbissenen zweiten Halbzeit, die vor allem von der Spannung lebte. 16 Mal wechselte die Führung, 14 Mal stand die Partie unentschieden. Spielentscheidend waren letztlich 13 Nördlinger Ballverluste, die großteils nicht durch die Osnabrücker Verteidigung erzwungen wurden, darunter ein Einwurf ins Aus 16 Sekunden vor Schluss nach vorheriger Auszeit. „In solchen Situationen ist meine Mannschaft einfach noch nicht clever genug“, befand Rozlapa.

Es war zu Beginn das Duell der beiden statistisch effektivsten Spielerinnen der Liga, Osnabrücks Nationalspielerin Frieda Bühner, und US-Girl Erika Davenport von den Angels. Bühner erzielte sechs der ersten acht Gästepunkte, kurz danach führten die Niedersachsen mit 12:5. Dann kam die Angels-Angriffsmaschine in Schwung: Brandy Beasley, Nicole Brochlitz und Lisa Bertholdt trafen ihre Dreier und erneut Beasley sorgte nach einem Steal für die erste Führung des Heimteams (15:14). Da beide Teams nun hochprozentig trafen, wurde es in der Folge ein punktereiches erstes Viertel auf Augenhöhe (19:19, 7. Min.). 27:21 lautete die erste deutlichere Führung der Angels, als Roosa Lehtoranta bei ihrem bislang besten Spiel nach Foul beim Dreierversuch alle Freiwürfe verwandelte und Davenport aus der Halbdistanz traf (9.). Es passte zu diesem phasenweise hochklassigen ersten Durchgang, dass Enija Viksne mit der Schlusssirene zum 29:23 traf. 52 Punkte in einem Viertel – das hat die Hermann-Keßler-Halle noch nicht oft gesehen. Die Gäste hatten dabei 70 Prozent ihrer Wurfversuche verwandelt, die Angels rund 60, erstklassige Trefferquoten.

So konnte es natürlich nicht weitergehen, zumal im zweiten Viertel beide Mannschaften ihre Defensivbemühungen intensivierten. Die Partie wurde nun deutlich verbissener und vier Minuten lang gelang den Nördlingerinnen nur ein Pünktchen, dem Gästeteam allerdings auch nur vier (30:27). Viksne brach den Bann mit dem ersten Angels-Feldkorb im zweiten Viertel, dann traf Bühner dreimal hintereinander (32:31, 17.). Je ein Dreier auf beiden Seiten (bei den Angels traf Lehtoranta, bei Osnabrück die Portugiesin Costa) bedeuteten den 35:35-Halbzeitstand. Ein McCray-Korb in allerletzter Sekunde wurde von den Schiedsrichtern zuerst anerkannt, dann aber wieder annulliert.

Auch im dritten Viertel brauchte Nördlingen zwei Minuten bis zu den ersten Punkten, als Leonie Kambach unter dem Korb traf. Beasley und Davenport waren zum 41:41 erfolgreich (24.), Letztere sorgte mit neun Punkten in Folge für das 48:45 (26.). Als die Gäste auf Zonenverteidigung umstellten, taten sich die Angels einige Zeit schwer, dagegen das richtige Rezept zu finden und Headcoach Matiss Rozlappa versuchte mit einer Auszeit die Stellschrauben neu zu justieren. Drei Osnabrücker Freiwürfe bedeuteten das 50:50 (29.). Mit 52:52 ging es in den Schlussdurchgang.

Osnabrück eröffnete mit einem Dreier das letzte Viertel, McCray und Davenport konterten unter dem Korb (56:55,33.). Spätestens jetzt wurde um jeden Korb verbissen gerungen. Hasle-Lagemann, Bertholdt und McCray mit einem schweren Halbdistanzwurf trafen zum 62:60, Bühner glich mit ihrem erst zweiten Korb in der zweiten Hälfte aus (62:62, 38.). Wichtig war ein Dreier von Brochlitz aus der Ecke zum 65:64. Bühners Korb zum 65:66 ging ein von den Referees nicht erkannter grober Schrittfehler voraus, dann traf Beasley zum 67:66. 30 Sekunden vor Schluss war Osnabrücks US-Centerin Smith zum 67:68 erfolgreich. 17 Sekunden waren noch auf der Spieluhr, als Rozlapa den finalen Angriff  in seiner letzten Auszeit taktisch durchzuspielen versuchte, aber sein Team passte den Ball ins Aus. Zu allem Überfluss kassierte Erika Davenport zuerst ein technisches und dann auch noch ein persönliches Foul, sodass die Amerikanerin mit fünf Fouls auf die Bank musste. Letztere Entscheidung waren durchaus diskutabel, die Zuschauer-Seele kochte. Aber es half nichts: Mit Freiwürfen erhöhte Osnabrück auf 71:67, sodass der letzte Verzweiflungsdreier von Brandy Beasley nur noch das 70:71 bedeutete.

Das Osnabrück-Trauma, das man an diesem Sonntag endlich beenden wollte, geht also weiter. Zumindest waren die Angels diesmal so nah dran wie noch nie.

Angels Davenport 15, McCray 7, Brochlitz 6 (2 Dreier), Viksne 8, Lehtoranta 8 (1), Hasle-Lagemann 4, Bertholdt 5 (1), Beasley 15 (2), Löffler (nicht eingesetzt), Kambach 2. Wurfquote Zweier: 20/44 (45%). Dreier: 6/18 (33%). Freiwürfe 12/15 (80%), Fouls 20, Rebounds 29, Turnover 13.

Die Besten bei Osnabrück: Bühner 22 (12 Rebounds), Costa 12 (2 Dreier), Smith 12, Glantz 10, Tarkovicova 9 (1). Wurfquote Zweier: 24/46 (52%). Dreier: 4/14 (28%). Freiwürfe 11/15 (73%), Fouls 14, Rebounds 32, Turnover 19.

Text: Robert Milde
Bild: Michael Soller


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